Hartz-IV-Empfänger jetzt auch wissenschaftlich der Lächerlichkeit preisgegeben

Olaf Lüken

Verabschieden sich die etablierten Parteien von ihrer Sozialpolitik? Wer an Zufälle in der politischen Tagesarbeit glaubt, irrt. Jeder weiß, täglich steigen die Preise. Und es bleibt weniger Geld in der Börse und weniger Margarine auf dem Tisch. Trifft die galoppierende Inflation das Einzelwesen, sprich Individuum, dann hat der lobbylose Mensch ohnehin das Nachsehen, wenn es nach dem hirnrissigen Demokratieverständnis unserer Polit-Lobbykraten geht. Weil Hartz-IV-Betroffene von der Preisspirale aber ungleich stärker als andere betroffen sind, muss ein Friedrich Theißen her, ein forscher Forscher aus dem Osten. Der hilft unseren geldbörsenverklemmten Politikern gern aus der Finanzierungspatsche. Bloß keine Anpassung des Arbeitslosengeldes II an die sich rasch zuspitzende Preisentwicklung. Soll doch die potenzielle Wählerzielgruppe „Kindereiche und andere Sozialbedürftige“ lieber gleich zur Linken gehen. Und da ein Linker ohnehin ein Kommunist und daher ein Demokratiefeind ist, werden gleich alle Linkswähler zu heimlichen DDR-Sympathisanten abgestempelt. So sieht Politik nach Gutsherrenart aus, ideologisch unterstützt von „BLÖD“, jenem Schmierblatt, das täglich und gieriggeil auf Sozialempängerhatz geht. Und Friedrich Theißen aus Chemnitz? Unter der pseudowissenschaftlichen Überschrift nennt der stressgeplagte Grübler die Kosten für die soziale Mindestsicherung intransparent. Unter anderem zeigt seine Studie auf, dass ein Langzeitarbeitsloser mit monatlich 132 Euro auskommen kann, statt – wie bisher – mit 351,-Euro. Und wer solche Verlautbarungen für gar zynisch hält, hat noch längst nicht alles gelesen. Im Gesamtbetrag ist monatlich ein ganzer Euro für die kulturelle Befriedigung vorgesehen, weil Langzeitarbeitslose ohnehin doof sind und für das Lesen von BLÖD keinerlei schulischer Vorbildung besitzen. Klug ist aber nicht genug, meinen wir. Lieber Professor Friedrich Theißen, was würden Sie tun, wenn man ihre 6.000,-Euro Beamtengage auf 132,-Euro kürzen würde? Erklärens Sie uns bitte ihre zukünftige Einkommensverwendung. Brennend interessiert uns auch, was Ihnen ihre halbseidene Studie an Einkommenszuwachs gebracht hat? Mehr als 132,-Euro? Wir dürfen sicher sein, Herr Besserverdiener wird es uns nicht sagen. Was uns ebenso peinlich anmutet ist die Tatsache, dass die Bundesliga deutscher Moralapostel und Berufsheuchler aus CDU/CSU, SPD, FDP und Kirchenverbänden, sich für das so beleidigte Armenvolk ins Zeug legt, um nur einen Tag später wieder einer anderen Pseudonachricht hinterher laufen. Ganz nach dem bewährten Grundsatz: Was interessiert uns unser Geschwätz von gestern.

Goethe hatte einst erkannt, als er in seinem Faust folgenden Gedanken offenbarte: „ Was ihr den Geist der Zeiten heißt, ist im Grund der Herren eigner Geist, indem die Zeiten sich bespiegeln“